Schulbesuch und Freizeitgestaltung in Corona-Zeiten

Ich schicke meine Kinder in die Schule.

Ich schicke meine Kinder in die Schule, obwohl wir vorerkrankte Menschen im selben Haushalt haben. Ich möchte mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, was es mit den Kindern macht, wenn eins der Kinder eine Infektion unbemerkt nach Hause trägt und sich nachher dafür verantwortlich fühlen muss, wenn ein geliebter Mensch schwer erkrankt oder schlimmeres.

Ich schicke meine Kinder in die Schule und beobachte gleichzeitig, wie meine Selbstständigkeit durch den sogenannten Lockdown-Light und die damit verbundenen Einschränkungen immer mehr beeinträchtigt wird. Obwohl klar erkennbar ist, dass die Maßnahmen nicht ausreichen, weil die größte Massenveranstaltung nach wie vor weiter läuft.

Ich schicke meine Kinder in die Schule, weil viele Eltern bereits vor den Gerichten gescheitert sind, als sie versucht haben, das Kind aufgrund von Vorerkrankungen im Haushalt oder beim Kind selbst aus dem Präsenz-Unterricht zu nehmen.

Ich schicke meine Kinder in die Schule, obwohl ich weiß, dass sie dort trotz Decken, Jacken und Mützen frieren und im Zug sitzen müssen und sie früher oder später mit Erkältungssymptomen (Corona oder andere Infekte) nach Hause kommen werden.

Ich schicke meine Kinder in die Schule, damit sie dort „betreut“ werden, wie es in der Politik heißt. Ist ja nicht so, dass ich zu Hause bin und meine Kinder gut auch selbst „betreuen“ könnte.

Ich schicke meine Kinder in die Schule, obwohl die Lehrkräfte entweder selbst krank daheim bleiben müssen oder sich die Unterrichtszeiten der fehlenden Lehrkräfte irgendwie aufteilen müssen.

Ich schicke meine Kinder in die Schule, obwohl ich keinen „Bildungsauftrag“ erkennen kann, wenn der halbe Unterrichtstag damit verbracht wird, Mr. Bean und andere Videos zu schauen.

Ich schicke meine Kinder in die Schule und erkläre ihnen nach der Schule, warum sie sich in der Schule mit anderen Kindern versammeln dürfen, gleichzeitig aber nicht ihren Freizeittätigkeiten (wie Reitunterricht oder Selbstverteidigungskurse) nachgehen dürfen oder warum sie nicht mit können, wenn das Tier zum Tierarzt muss. (Na wenigstens sind sie es durch die Schulerfahrungen gewöhnt, im Auto in der Kälte draussen zu sitzen).

Ich schicke meine Kinder in die Schule, während ich quasi täglich mit einem Anruf vom Gesundheitsamt oder der Schule rechne, die mir sagt, dass eins oder beide Kinder in Quarantäne müssen, weil sie mit einem bestätigten Fall Kontakt hatten.

Ich schicke meine Kinder in die Schule, obwohl ich daheim sitze und durchaus Zeit hätte, im Wechsel/Distanzunterricht zu begleiten – da wie gesagt die Auftragslage gerade durch die Einschränkungen schlecht ist.

Ich schicke meine Kinder in die Schule, obwohl ich mir Sorgen darüber mache, wie viele Unternehmen und Betriebe diese derzeitigen Maßnahmen letztlich durchstehen können und später potenzielle Arbeitsplätze anbieten können, für die Kinder die jetzt mit der Schule fertig werden.

Ich schicke meine Kinder in die Schule, obwohl ich sehen kann, dass sie die Situation sehr unter Druck setzt. Es sind Kinder, sie leben aber nicht in einer Blase und bekommen von der Umwelt nichts mit.

Ich schicke meine Kinder in die Schule, aber ihre Freizeit müssen sie derzeit bis auf Spaziergänge daheim verbringen; kein Kino, kein Ausflugsziel hat geöffnet. Und auch wenn Zoos geöffnet haben, lautet die unterschwellige Botschaft aus der Politik: Nur nicht hin, nur keine Menschenansammlungen…

Ich werde meine Kinder nicht belügen.

Ich werde meine Kinder nicht belügen, wenn sie mich fragen, warum ich gerade so wenig Geld verdiene.

Ich werde meine Kinder nicht belügen, wenn sie mich fragen, warum sie ihre Freunde leider auch weiterhin nicht privat treffen dürfen.

Ich werde meine Kinder nicht belügen, wenn sie mich fragen, wann sie wieder zu ihrem Freizeitsport gehen können.

Ich höre.

Ich höre, wie Politiker von Bildungsgerechtigkeit reden und davon, dass die Kinder in der Schule betreut werden müssen, um sie nicht häuslicher Gewalt auszusetzen und um die Wirtschaft nicht komplett herunterfahren zu müssen.

Liebe Politiker, es wird sie vielleicht überraschen, aber nicht alle Eltern misshandeln ihre Kinder. Ich bin entsetzt darüber, dass hier quasi behauptet wird, man müsse die Kinder vor ihren Eltern schützen und das eigene Heim wäre ein gefährlicher Ort für Kinder! Natürlich gibt es auch diese Fälle, aber das sind ja nun längst nicht ALLE Kinder. Warum nicht für wirklich gefährdete Kinder eine Notbetreuung einrichten. Mal gganz abgesehen davon, dass die Gefährdungslage dieser Kinder ja sonst auch eher uninteressant zu sein scheint für die Politik, oder warum sonst gibt es jährlich so viele interfamiliäre Kindsmorde oder Suizide, obwohl teilweise das Jugendamt und andere Einrichtungen involviert sind?

Und vielleicht wird es sie auch überraschen, dass die Wirtschaft bereits in die Knie geht, weil die Ladengeschäfte kaum Umsätze haben, weil zum Bummeln auch das „Essen gehen“ gehört, was nicht möglich ist. Wir haben also die Gastronomie, den Tourismus-, Veranstaltungs- und die Einzelhandelsbranche, die definitiv NICHT laufen. Ich weiß nicht, wie viel Prozent diese Branchen ausmachen, ich kann mir aber vorstellen, dass es nicht gerade wenig ist. Und die Hilfen, die man diesen Branchen versprochen hat, sind wohl in den meisten Fällen nicht ausreichend. Schon gar nicht, wenn man das Procedere jetzt bis zum Frühjahr so beibehalten will. Mittlerweile fängt der Bund ja auch an, sich gegen die Hilfszahlungen zu sträuben, nun sollen die Länder einspringen (die wollen nicht).  

Ich höre, wie man immer wieder behauptet, es gäbe praktisch kein Infektionsgeschehen in Schulen und Kitas; wenn man sich die Zahlen aber umrechnet, sieht man durchaus, dass die Inzidenzwerte auch in diesen Einrichtungen jenseits von Gut und Böse sind. 0,2% Fälle an den Schulen? Das sind umgerechnet auf 100.000 Einwohner 200 Fälle, also eine Inzidenz von 200/100.000. Und wir sind mittlerweile bei < 0,2%. Aber 0,2% klingt natürlich viel schöner, nicht wahr, liebe Politiker?

 

Ich warte.

Ich warte darauf, dass die Politik endlich mit offenen Karten spielt, dass Ministerien endlich einsehen und dazu stehen, dass sie Fehler gemacht haben. Fehler passieren jedem Mal, nur haben die wenigsten die Größe, das zuzugeben und daraus zu lernen.

Ich warte darauf, dass Wechselunterricht oder Distanzunterricht angeordnet wird, damit man endlich die Zahlen runter bekommt.

Ich warte darauf, dass sich die Ministerien ERNSTHAFT mit Lösungsmöglichkeiten wie Luftfiltern in Klassenräumen beschäftigen und diese nun endlich anschaffen bzw. subventionieren.

Ich warte darauf, dass die Politik endlich einsieht, dass ein kurzer, kompletter Lockdown eine höhere Erfolgsrate mit sich bringt, als dieses Wischiwaschi, was wir aktuell haben – das macht nämlich mehr kaputt, als dass es uns nutzt.

Ich bin mir sicher, diese Dinge kommen, ALLE. Aber ich bin mir auch sicher, je länger mit diesen Maßnahmen noch gewartet wird, um die Bevölkerung „zu besänftigen“, desto länger wird es dauern, bis auch ein kompletter Lockdown greift und die Todeszahlen zurück gehen.

 

Sunny

w

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